Die Rückkehr der britischen Armee nach Deutschland? Na ja, nicht ganz…
Einige Berichte in britischen Medien scheinen genau in die Zeit zu passen: Angesichts einer russischen Bedrohung, so heißt es darin, habe Großbritannien beschlossen, wieder schweres Gerät seines Militärs nach Deutschland zu verlegen. Allerdings: Diese Pläne gibt es schon seit Jahren – und sie dienen vor allem der Unterstützung des – ebenfalls lange bekannten – britischen Engagements bei den NATO-Bataillonen im Baltikum.
Der Bericht zum Beispiel der Londoner Times – Überschrift: British Army returns to Germany in face of Russian threat – klingt zwar alarmierend. Von einer Rückkehr kann jedoch nicht so recht die Rede sein. Bereits 2018 wurden, auch hier auf Augen geradeaus! nachzulesen, diese Stationierungsplanungen bereits angekündigt:
Zur Verstärkung der Abschreckungsfähigkeit der NATO in Europa erwägen die britischen Streitkräfte, mit einer logistischen Basis und Trainingsmöglichkeiten in Deutschland ihre Einsatzmöglichkeiten an der Ostflanke der Allianz zu verbessern. (…)
Mit einer Stationierung von Gerät in der Bundesrepublik und der Beibehaltung von Übungsplätzen wären britische Truppen für einen Einsatz an der NATO-Ostflanke besser gerüstet, begründete [der damalige Stabschef der britischen Armee, General Nicholas] Carter Carter die veränderte Einschätzung, die die derzeitigen Pläne für einen Abzug der Briten aus Deutschland zum Teil umkehren könnten.
Ein paar Jahre später ist die Entscheidung darüber gefallen, und die Stationierung in Deutschland soll vor allem die schnelle Unterstützung des enhanced Forward Presence(efP)-Bataillons der Briten in Estland (KORREKTUR – nicht Lettland) sicherstellen – mit Lagerorten in Deutschland wie in Estland selbst. Aus britischen Militärkreisen heißt es dazu, ein Großteil des Geräts, vor allem Fahrzeuge, sei ohnehin an Ort und Stelle geblieben.
Hinzu kämen weitere Fahrzeuge für eine gepanzerte Task Force, die unter anderem die Trainingsmöglichkeiten auf dem Truppenübungsplatz Sennelager nutzen soll. Bereits jetzt übt die britische Armee in Sennelager mit den vorhandenen Fahrzeugen zur Vorbereitung auf die Mission im Baltikum (s. Foto oben).
Neben Sennelager, so hatte Großbritannien gegenüber dem deutschen Verteidigungsministerium ebenfalls 2018 bereits angekündigt, sollten die Ayrshire Barracks in Mönchengladbach und ein Anteil am deutschen Munitionsdepot in Wulfen weiter genutzt werden. Falls sich die Lage im Baltikum zuspitzen sollte, könnten britische Truppen schneller reagieren.
(Archivbild Juni 2021: The Royal Tank Regiment (RTR BG) has been preparing for a deployment to Estonia at the British Army’s Sennelager Training Centre in northern Germany. Seven hundred and fifty soldiers are involved in the Operation Cabrit rehearsals ahead of the next British-led NATO Battlegroup to go to Estonia in September. The BG comprises of RTR’s Dreadnought Squadron, equipped with Challenger 2 Main Battle Tank, C Company of the Royal Welsh, equipped with Warrior armoured infantry fighting vehicles in addition to elements of the Royal Artillery, Royal Engineers, Royal Army Medical Corps and the Royal Logistic Corps – Mike Whitehurst/UK MOD/Crown Copyright/MOD News License)
Herr Wiegold,
Lettland (eFP-Führung durch Canada) oder Estland (eFP-Führung Großbritannien) ?
[Ups, mein Fehler – Estland natürlich. Korrigiere ich. T.W.]
Wobei „British Army“ das britische Heer bedeutet, in Abgrenzung zur Royal Air Force und zur Royal Navy – die anderen beiden Teilstreitkräfte scheinen solche Pläne in Bezug auf Deutschland nicht zu haben.
Aus langjähriger Erfahrung im Standort Augustdorf, mit ca 3km Entfernung zur besten Panzerschießbahn der Senne, einige Hinweise.
Zunächst ist die materielle Vorausstationierung begrüßenswert, insbesondere bei gepanzerter Kampftruppe. NATO-Europa stellt sich diesbezüglich ausgesprochen schwach dar.
Ggf entwickelt sich ja mehr daraus, nämlich „(UK) army prepositioned stock“ für Brig/Div Äquivalente, Platz ist reichlich vorhanden.
Die Senne bietet Bahnen zur Schießausbildung bis vstkKp als Verteidigungsschießen, Angriffs- und Verzögerungschießen sind wegen unzureichender Vorgehtiefe nur im Zugrahmen sinnvoll.
Die Gefechtsübung mit 2 Parteien geht bis vstkKp sehr gut, im Bataillonsrahmen nur eingeschränkt, was für Pz und PzGrenBtl gilt. Inf findet bis zum Verband gute Ausb/Üb Möglichkeiten vor. Tiefwaten, Unterwasserfahren, FlgAbwSch, LFKSchießen ist machbar, Eisenbahnverladung wird über Kopf/Seitenrampe in ca 2 km Entfernung zum ÜbPl gesichert.
Interessant, wenn ich obigen Text zum Mat in Estland richtig verstehe, folgen Briten dem Kontingent, nicht dem Rotationssystem.
Schmankerl: die Senne bietet Landeplätze (Senkrecht Start/Landung) für den McDonnell Douglas AV-8B Harrier II. Ob inzwischen auch eine Eignung für die F-35B mit Senkrechtlandekapazität (STOVL) besteht, weiß ich nicht.
Die Briten haben eine gute Entscheidung getroffen.
Guten Morgen,
in Wulfen befindet sich das Munitionsversorgungszentrum West mit dem Munitionslager Wulfen.
Munitionsdepots gibt es nicht mehr.